Der Progressionsvorbehalt gemäß § 32b sorgt bei vielen Eltern für große Augen. Dieser Mechanismus kann dazu führen, dass Elterngeldbezieher Steuern nachzahlen müssen. In diesem Artikel erklären wir, wie der Progressionsvorbehalt funktioniert, wann mit einer Steuernachzahlung beim Elterngeld zu rechnen ist und welche Möglichkeiten es gibt, diese zu vermeiden.

Progressionsvorbehalt kennen

Der Progressionsvorbehalt gemäß § 32b des Einkommensteuergesetzes (EStG) besagt, dass bestimmte Einkünfte, die steuerfrei sind oder nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, dennoch bei der Berechnung des Steuersatzes für das zu versteuernde Einkommen berücksichtigt werden müssen. Dies betrifft eine ganze Reihe von Sozialleistungen, darunter Arbeitslosengeld, Krankengeld, Mutterschaftsgeld und das 2007 eingeführte Elterngeld. Obwohl diese Leistungen steuerfrei sind, kann durch den Progressionsvorbehalt eine Steuerpflicht auf andere Einkünfte entstehen.

Hast du andere Einkünfte neben dem Elterngeld?

Zahlreiche Sozialleistungen wie das Elterngeld fallen unter den Progressionsvorbehalt. Wer im vergangenen Jahr nur Elterngeld oder lediglich Arbeitslosengeld bezog, muss davon keine Steuern abführen. Wenn allerdings andere Einkünfte (auch des Ehepartners) dazukamen, werden meist nachträglich Steuern fällig. Laut der Oberfinanzdirektion Rheinland hängt die Höhe der Steuernachzahlung sowohl von der Höhe des Elterngeldes als auch von der Höhe der zusätzlichen Einkünfte ab.

Bist du verheiratet?

Mit besonders hohen Nachforderungen vom Fiskus müssen vor allem Elterngeldbezieher mit verdienenden Ehepartnern rechnen. Die Steuerschraube zieht dabei schon bei geringen Erwerbseinkünften des Partners an. Besonders hoch fallen die Nachzahlungen aus, wenn der verdienende Partner die (bessere) Steuerklasse III hatte und deshalb nur relativ wenig Lohnsteuer abgeführt wurde.

Ein Beispiel verdeutlicht dies:

  • Eine Mutter hat im vergangenen Jahr in ihrem Job pausiert und insgesamt 15.000 Euro Eltern- und Mutterschaftsgeld bezogen.
  • Ihr Ehepartner hatte ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 45.000 Euro.
  • Durch den Progressionsvorbehalt steigt die ursprüngliche Steuerschuld des Ehepaars um 1.895 Euro.

Unverheiratete Paare sind im Vorteil

Unverheiratete Paare, die das gesamte Jahr Elterngeld bezogen haben, müssen keine Steuern nachzahlen. Sie brauchen auch keine Steuererklärung abzugeben. In manchen Fällen können nicht verheiratete Eltern, die für einige Monate erwerbstätig waren und bereits Lohnsteuer gezahlt haben, sogar eine Steuererstattung erhalten.

Das müssen Elterngeldbezieher bei der Steuererklärung beachten

Die Höhe des im vergangenen Jahr bezogenen Mutterschafts-, Eltern-, Kranken- oder Arbeitslosengeldes wird in der Anlage N zur Steuererklärung unter „andere Lohn- und Entgeltersatzleistungen“ eingetragen. Schummeln lohnt sich hierbei nicht: Die Sozialleistungsträger müssen nach dem Gesetz bis zum 28. Februar eines Jahres den Finanzämtern die Höhe der gewährten Leistungen und den Leistungszeitraum mitteilen.

Einzelveranlagung: Eine Möglichkeit, Steuern zu sparen

Die unterschiedliche Behandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren findest du unfair? Dafür gibt es eine Lösung: Auch Ehepaare können per Antrag auf eine Einzelveranlagung wechseln und ihre Einkommen getrennt voneinander versteuern. In manchen Fällen können so Steuernachzahlungen aufgrund des Elterngelds vermieden werden.

Besonders praktisch: Wie viel du durch eine getrennte Veranlagung sparen kannst, kannst du mit der Elster-Software des Finanzamts oder einem professionellen Steuerprogramm ausrechnen. Diese Entscheidung lohnt sich insbesondere, wenn die Einkünfte der Ehepartner stark unterschiedlich sind.

Wann sich eine Einzelveranlagung für Paare noch lohnen kann, liest du bei der Vereinigten Lohnsteuerhilfe.

Rechenbeispiel: Steuernachzahlung beim Elterngeld berechnen

Im Folgenden zeigen wir ein vereinfachtes Rechenbeispiel, um die Funktionsweise des Progressionsvorbehalts zu verdeutlichen. Es ist ein Beispiel eines Ehepaares mit Baby, das typische Erfahrungen bei der Steuernachzahlung beim Elterngeld macht:

  1. Vor der Geburt seiner Tochter Maria erzielt Roman dieses Einkommen:
    • Bruttoeinkommen: 4.500 Euro/Monat * 12 Monate = 54.000 Euro
    • Zu versteuerndes Einkommen: 54.000 Euro – Werbungskostenpauschale (1.230 Euro) = 52.770 Euro
  2. Seine Ehefrau Laura erhielt vor Marias Geburt dieses Einkommen:
    • Nettoeinkommen: 1.500 Euro/Monat
    • Elterngeld: 1.500 Euro/Monat * 12 Monate = 18.000 Euro
    • Zu versteuerndes Einkommen: 18.000 Euro
  3. Berechnung des Steuersatzes für Roman:
    • Bei einem zu versteuernden Einkommen von 52.770 Euro beträgt der Steuersatz 13,01 Prozent.
    • Nach Hinzurechnung des Elterngeldes (18.000 Euro) beträgt das zu versteuernde Einkommen 70.370 Euro.
    • Der Steuersatz steigt auf 17,08 Prozent.
  4. Neue Steuerberechnung für Roman:
    • Steuern ohne Elterngeld: 52.770 Euro * 13,01 Prozent = 6.870,57 Euro
    • Steuern mit Elterngeld: 52.770 Euro * 17,08 Prozent = 9.019,32 Euro
  5. Differenz der Steuerzahlung:
    • Die Familie zahlt nun 2.148,75 Euro mehr an Steuern (9.019,32 Euro – 6.870,57 Euro).

Fazit

Das Elterngeld mag steuerfrei sein, doch durch den Progressionsvorbehalt kann es dennoch zu Nachzahlungen kommen. Besonders verheiratete Paare sollten sorgfältig prüfen, ob eine Einzelveranlagung vorteilhaft sein könnte. Mit der richtigen Vorbereitung und Steuerplanung lassen sich unangenehme Überraschungen vermeiden.